Chinas Tchernobyl?

Die Corona-Krise könnte »Chinas Tschernobyl« sein, orakelte ein Kommentator in der Zeitschrift ‚The Diplomat‘. Bricht China also bald auseinander – so wie die Sowjetunion fünf Jahre nach der Atomkatastrophe in der Ukraine am Ende war? Tatsächlich ist die Corona-Krise für die Regierung in Peking eine Herausforderung. Sie gefährdet ihre Ambitionen, die Volksrepublik bis 2049, ihrem 100. Gründungsjubiläum, zu einer vollumfänglichen Großmacht zu machen.

Coronavirus infiziert auch BRI

Die Lieferung von medizinischer Ausrüstung und die Entsendung von Ärzt*innen nach Italien nutzte Chinas Präsident Xi Jinping Mitte März 2020, um die mit der Weltgesundheitsorganisation WHO vereinbarte enge Zusammenarbeit an einer „Seidenstraße der Gesundheit“ öffentlichkeitswirksam ins mediale Scheinwerferlicht zu bringen. Beijing kann positive Nachrichten gebrauchen, wird die Covid-19-Krise doch von US-Präsident Donald Trump und anderen genutzt, um Chinas internationales Ansehen auszuhöhlen.

Ostwind gegen Westwind

Im Herbst 2013 skizzierte Xi Jinping in zwei Reden in Kasachstan und Indonesien die Landkarte der ‚Neuen Seidenstraßen‘ – zu Land und zu Wasser. Die Ankündigungen, die Welt infrastrukturell aufzurollen, ließ die China-Watcher, vor allem in den westlichen kapitalistischen Ländern, zu neuer Hochform bei der Interpretation der Absichten Pekings auflaufen.

Im Hinterhof der USA

Lateinamerika wird von Staatspräsident Xi Jinping als „natürliche Verlängerung“ der Maritimen Seidenstraße und als „unverzichtbarer Teilnehmer“ am Bau der Belt&Road Initiative umworben. Das milliardenschwere Investitionsprogramm zielt damit nach Europas südlicher und östlicher Peripherie auch auf den „Hinterhof“ der USA.