‚Mare nostrum‘ in Südostasien

China, Geopolitik und der Globale Süden

Die Konflikte um das Südchinesische Meer

Uwe Hoering, November 2021

Auch wenn Chinas Ansprüche auf große Teile der südostasiatischen Gewässer historisch und rechtlich auf wackligen Füßen stehen verschärft die US-amerikanische Politik die nationalistische Haltung Beijings und trägt dazu bei, die Konfrontation und die Militarisierung hochzuschaukeln. Insbesondere die kleineren Länder, die stets versucht haben, die Region aus Großmachtkonflikten herauszuhalten, werden gezwungen, sich für eine Seite zu entscheiden. Damit wird ein Forum für eine regionale Beilegung der Konflikte geschwächt.

Die Ankündigung einer besonderen »Sicherheitspartnerschaft« zwischen den USA, Australien und Großbritannien (AUKUS) ist der jüngste Schritt in der Internationalisierung des zunächst regionalen Konflikts im Südchinesischen Meer. Längst wurde er zum Treibsatz für die Eskalation des Streits zwischen den USA und China um die (Führungs-)Rolle in der globalen Ordnung.  Die Entwicklungen schüren Warnungen vor einem Abgleiten in einen bewaffneten Konflikt. „Bündnistreue“ und eigene Interessen könnten dazu führen, dass auch weitere europäische Länder wie Deutschland in die Konfrontation hineingezogen werden.

Stürmische See

Der Konflikt um das sogenannte Südchinesische Meer selbst ist alt. China hatte bereits 1947 historische Ansprüche auf den größten Teil der Gewässer geltend gemacht, die es sich unter anderem mit Vietnam, Indonesien, Taiwan, den Philippinen und Malaysia sowie der internationalen Seefahrt teilt. Seither kursieren unterschiedliche Versionen einer U-förmigen, recht freihändigen Demarkationslinie. So legte die Regierung in Peking 2009 eine Landkarte mit der ‚Nine-dash-line’ vor, die durch einen zehnten Strich östlich von Taiwan erweitert wurde. Aber auch andere Anrainerstaaten, beispielsweise Vietnam, Philippinen und (seit 1995) Taiwan, erheben mit ähnlichen Begründungen maritime Ansprüche.

Zunächst standen vor allem ökonomische Interessen im Vordergrund: Die Sorge um die wichtige Seehandelsroute, der Zugang zu reichen Bodenschätzen und Fischgründen. Bereits frühzeitig gab es darob auch immer wieder bewaffnete Konflikte, vor allem mit Vietnam und den Philippinen. Durch den Ausbau von Sandbänken und Felsriffen zu dauerhaften Stützpunkten wurden Ansprüche untermauert. „Dieses Muster der Okkupation wird von fast allen Anrainerstaaten betrieben – doch von niemandem so konsequent wie von China“, so Andreas Seifert von der Informationsstelle Militarisierung.

Nach einem Scharmützel zwischen philippinischen und chinesischen Schiffen um das Scarborough-Riff im Frühjahr 2012, bei dem sich die US-Regierung um Vermittlung bemühte, strengte die Regierung in Manila dann eine Klage vor dem Internationalen Schiedsgerichtshof in Den Haag an. Dessen Entscheidung vom Sommer 2016, dass Pekings Anspruch auf „unser Meer“ gegen UN-Seerecht (UNCLOS) und damit gegen internationales Recht verstößt, weist diese bislang brüsk zurück.

Henne oder Ei

Zwei politische Entwicklungen, die ungefähr zeitgleich erfolgten, brachten eine weitere Internationalisierung des Konflikts  – das stärkere Engagement der USA in der Region angesichts der wachsenden wirtschaftlichen und politischen Bedeutung Chinas (bekannt als Strategie des »Pivot to Asia«) und Beijings Belt and Road Initiative (BRI). Mehr

Volltext: Uwe Hoering. Die Konflikte um das Südchinesische Meer. In: Chinas Welt? – Zwischen Konflikt und Kooperation. Wissenschaft & Frieden 4/2021, 22-24.


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