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Uwe Hoering, Oktober 2020
Die Corona-Pandemie trägt dazu bei, die geopolitische Konfliktlage, in deren Zentrum die Konkurrenz zwischen China und den USA steht, zu verschärfen und neu zu konfigurieren. Verbündete sucht China besonders unter Ländern des Globalen Südens. Und es sieht so aus, als ob Peking in Afrika dafür durchaus gute Karten hat, trotz der durchwachsenen Erfahrungen mit seiner bisherigen Rolle.
Systemkonkurrenz mit COVID-19
Für den Kampf gegen SARS-CoV-2 in Afrika leistete China mit der Lieferung von Schutzkleidung, Tests und Beatmungsgeräten und der Entsendung von medizinischem Personal nicht nur finanzielle, sondern dringend benötigte materielle Unterstützung. Auf multilateraler Ebene verspricht die Regierung in Peking ein neues Hauptquartier für Africa CDC, die wichtigste Koordinierungsstelle bei Epidemien wie Corona und Ebola, 50 Million US-Dollar für die Weltgesundheitsorganisation WHO, mit der sie auch eine Zusammenarbeit an einer „Seidenstraße der Gesundheit“ vereinbart hat. Um die „chinesisch-afrikanische Solidarität gegen Covid-19“ zu unterstreichen, lud sie Mitte Juni zu einem virtuellen Sondergipfel, bei dem neben einem Dutzend Staats- und Regierungschefs auch Südafrikas Präsident Cyril Ramaphosa, Vorsitzender der Afrikanischen Union, UN-Generalsekretär Antonio Guterres und WHO-Generaldirektor Tedros Ghebreyesus zugeschaltet waren. Für die US-Regierung sind das alles nur Versuche, Chinas Einfluss im globalen Gesundheitssystem auszuweiten.
Die Regierung in Peking braucht Imagepflege und Verbündete. Denn sie steht unter Druck. Die Corona-Krise stellt für ihre ehrgeizigen Ambitionen, die Volksrepublik bis zu ihrem 100. Gründungsjubiläum 2049 zu einer gleichberechtigten Großmacht zu führen, innenpolitisch und wirtschaftlich eine gewaltige Herausforderung dar. Zudem wurden dadurch der geopolitische Konflikt verschärft. Nicht ohne eigenes Verschulden Pekings hat sie US-Präsident Trump ein Narrativ geliefert, um China für die Pandemie, für wirtschaftliche Rezession und menschliches Leid weltweit verantwortlich zu machen. Daraus ist schnell eine weltumspannende Kampagne geworden, die durch die Repression gegen Uiguren in der westchinesischen Provinz Xinjiang, die Niederschlagung der Proteste in Hongkong und die territorialen Ansprüche gegenüber Nachbarn weitere Munition bekommt. Schon sprechen Beobachter wie Henry Kissinger, einst Architekt der Kooperation zwischen China und den USA, vom „Vorfeld eines Kalten Krieges“. Und wieder steht Europa zwischen den Kontrahenten.
Süd-Süd-Kooperation
Mit seiner Solidaritäts-Kampagne kann China an eine lange Geschichte der Kooperation anknüpfen. Schon frühzeitig bot es sich als Alternative zu postkolonialen Mächten an. Ein sichtbares und wirksames Symbol dafür waren Infrastrukturprojekte wie die 2000 Kilometer lange Bahnstrecke Tazara (Tanzania Zambia Railway), die in den 1970er Jahren mit Unterstützung des kommunistischen China gebaut wurde und half, die Abhängigkeit von den Apartheidregimen im südlichen Afrika zu verringern. So richtig in Schwung kam das Engagement allerdings erst in den 1990er Jahren mit der zunehmend aktiven globalen Expansion Chinas.
Volltext: Uwe Hoering, Chinas Ambitionen in Afrika. afrika-süd 4/2020